Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)
Seit 2004 gibt es die Regelungen zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement, aber noch immer ist dieses Verfahren bei vielen Arbeitnehmern unbekannt und bei Arbeitgebern unbeliebt.
Voraussetzungen
Gem. § 84 Abs. 2 SGB IX hat jeder Mitarbeiter, der länger als 6 Wochen innerhalb eines Jahres arbeitsunfähig erkrankt ist, Anspruch auf die Durchführung eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements. Ausschlaggebend ist dabei nicht das Kalenderjahr, sondern der Zeitraum eines Jahres bei Auftreten der Erkrankung. Es ist auch unerheblich, ob der Mitarbeiter über 6 Wochen am Stück, oder bei einer Mehrzahl von Kurzerkrankungen insgesamt 6 Wochen arbeitsunfähig erkrankt war. Der Anspruch besteht in beiden Fällen. Außerdem entsteht der Anspruch auf Durchführung des BEM erneut, wenn ein Mitarbeiter wieder über einen Zeitraum vom mehr als 6 Wochen arbeitsunfähig erkrankt ist.
Ziel
Ziel des BEM ist es zukünftige Erkrankungen des Mitarbeiters zu vermeiden und in einem offenen Suchprozess festzustellen, ob im Rahmen des Arbeitsverhältnisses Änderungen möglich sind, die zur Genesung oder Gesunderhaltung des Mitarbeiters beitragen können.
Wiedereingliederung – BEM
Insbesondere bei langzeiterkrankten Mitarbeitern erfolgt häufig eine Wiedereingliederung, die durch die zuständige Krankenkasse begleitet wird. Die Wiedereingliederung kann in diesen Fällen Ansatzpunkt für das BEM sein, oder in das BEM einbezogen werden. Die Durchführung einer Wiedereingliederungsmaßnahme der Krankenkasse, beispielsweise nach dem Hamburger Modell, ersetzt jedoch die Durchführung eines BEM nicht.
BEM im Interesse aller
Häufig auftretende Krankheiten, oder Krankheiten, die länger andauern belasten in vielen Fällen das Arbeitsverhältnis. Ein Mitarbeiter, der nach langer Krankheit wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkommt, hat aktuelle Entwicklungen nicht mitbekommen und ist wohlmöglich auch gesundheitlich (noch) nicht wieder auf dem Stand, den er vor der Erkrankung war. Mitarbeiter, die häufig kurz erkranken, belasten damit das Team, da der Ausfall kurzfristig ausgefangen werden muss. Hier kann das BEM eine Kommunikation zwischen Mitarbeiter und Arbeitgeber ermöglichen, um im Interesse des Mitarbeiter, der Kollegen und des Arbeitgebers zukünftig auftretende Erkrankungen zu verhindern. Dabei sollen auch Veränderungen am jeweiligen Arbeitsplatz oder im Arbeitsumfeld in Betracht gezogen werden. Weitere Beteiligte im BEM Verfahren können ein bestehender Betriebsrat, Schwerbehindertenvertretung, der arbeitsmedizinische Dienst oder das Integrationsamt sein.
Die im BEM gewonnen Erkenntnisse dürfen dabei nicht zur Vorbereitung einer personenbedingten Kündigung verwendet werden. Der Schutz der im BEM- Verfahren gewonnenen Daten hat außerdem einen hohen Stellenwert bei diesem für den Mitarbeiter freiwilligen Verfahren.
Folgen eines nicht durchgeführten BEM
Grundsätzlich sieht die gesetzliche Regelung aus dem Sozialgesetzbuch IX keine direkte Sanktion für den Arbeitgeber vor, wenn das BEM nicht durchgeführt worden ist.
Der rechtswirksame Ausspruch einer Kündigung wegen der beim Mitarbeiter aufgetretenen Krankheitszeiten ist jedoch ohne die Durchführung eines BEM unter Berücksichtigung der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung nur in wenigen Ausnahmefällen möglich. Soweit ein Arbeitgeber also eine personenbedingte Kündigung aussprechen will, die vor dem Arbeitsgericht bestand haben soll, muss zuvor ein BEM mit negativem Ergebnis durchgeführt worden sein.
Zwischenzeitlich sprechen die Arbeitsgerichte in einigen Fällen Arbeitnehmern, bei denen kein BEM durchgeführt worden ist, sogar Schadensersatz zu, da der Arbeitgeber gegen die Verpflichtung zur Durchführung eines BEM verstoßen hat. Als Schaden bei unterlassenem BEM wird dann nach Ablauf der Entgeltfortzahlung die Differenz zwischen dem Normalverdienst und geringeren Sozialleistungen als bei Verschulden des Arbeitgebers geltend macht. Die Argumentation stützt sich in diesen Fällen darauf, dass der Mitarbeiter seine Arbeitsleitung hätte erbringen können, wenn der Arbeitgeber seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Durchführung des BEM nachgekommen und dadurch ein leidensgerechter Arbeitsplatz gefunden worden wäre (Urteil des LAG Hamm vom 04.07.2011 – 8 Sa 726/11).
Zur Erforderlichkeit und der Durchführung eines BEM beraten wir Sie gerne.